Europa-Park boomt in der Rezession
Der Europa-Park Rust boomt auch in der Wirtschaftskrise. Die Familie Mack hat in 34 Jahren aus dem ehemaligen Schlosspark in der Nähe von Freiburg den beliebteste Freizeitpark in Deutschland geformt – mit erwarteten nahezu 300 Millionen Euro Gruppenumsatz in diesem Jahr.
RUST. August 2009, ein heißer Sommertag. Stau auf der zweispurigen Zufahrt zum Europa-Park Rust. Für den letzten Kilometer bis zum Park brauchen die Besucher an diesem Morgen zwanzig Minuten. Musik dröhnt aus den Autos. Die Laune scheint gut. Kein Zweifel: Hier nördlich von Freiburg im südwestlichen Zipfel Deutschlands macht die Krise Pause.
Vor 34 Jahren wurde der Freizeitpark gegründet, um die neuen Fahrgeschäfte des Familienunternehmens besser zu präsentieren. Die Familie Mack hat aus dem ehemaligen Schlosspark in der Nähe von Freiburg Deutschlands beliebtesten Freizeitpark geformt. Mit nahezu 300 Mio. Euro Umsatz rechnet die Gruppe in diesem Jahr. „Wir erwarten in diesem Jahr zweistellige Wachstumsraten bei den Besuchern“, sagt Roland Mack, der geschäftsführende Gesellschafter des Europa-Parks. Wenn das Wetter mitspielt, könnten am Ende des Jahres deutlich mehr als vier Millionen Besucher gezählt werden.
Neben dem Europa-Park gehört der Familie auch ein Betrieb, der seit 1921 Achterbahnen produziert, auf den aber nur ein Zehntel des Gruppenumsatzes entfällt. Um die Besucher immer wieder in die badische Provinz zu locken, braucht auch Rust jedes Jahr eine neue große Attraktion. Durchschnittlich 30 Mio. Euro investiert Mack im Jahr. Zu 80 Prozent kommen die Fahrgeschäfte aus eigener Produktion – wie zuletzt die neue „Blue Fire“-Bahn. Sie katapultiert die Besucher von Null auf 100 km/h in 2,5 Sekunden.
Das Vergnügen auf 65 Hektar ist nicht ganz billig. Beim Marktführer kostet eine Tageskarte zur Benutzung aller Fahrgeschäfte für Erwachsene 34 Euro, für Kinder ab vier Jahren 30 Euro. Zwischen den Freizeitparks in Deutschland tobt ein heftiger Wettbewerb. Immer mehr Konzerne sind in den letzten Jahren auf den Markt gedrängt. So gehören etwa das Legoland in Günzburg oder der Heide-Park Soltau inzwischen zur Blackstone-Tochter Merlin, die mit ihren 26 Sealife-Aquarien und der 2007 übernommenen Tussauds Group hinter Disney zum zweitgrößten Vergnügungspark-Anbieter der Welt aufgestiegen ist. Die meisten Parks in Deutschland sind aber noch traditionell familiengeführt. Dazu gehören der Hansa-Park an der Ostsee, das Phantasia-Land in Brühl und der Holiday Park in der Pfalz.
Die Freizeitparks erleben derzeit eine Sonderkonjunktur, betont Ulrich Müller-Oltay, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen (VDFU). Er schätzt, dass dieses Jahr circa 22 Millionen Menschen in die Parks kommen. Etwas skeptischer sind die Marktbeobachter von Pricewaterhouse Coopers, die erwarten, dass die Besucherzahl bei 19 Millionen stagniert.
Der Europa-Park gilt als Klassenbester. Seit der Gründung 1975 lockte der Park mehr als 78 Millionen Menschen ins südwestliche Dreiländereck. Noch nie habe der Park Verluste geschrieben, sagt Mack. Allerdings macht er keinerlei Angaben zum Gewinn. Im Sommer arbeiten auf dem 70 Hektar großen Gelände 3 000 Leute. Inzwischen gehören auch vier Hotels mit 5 000 Betten zum Park.
Nach Einschätzung von Branchenexperten dürften in Westeuropa und den USA kaum noch neue Parks entstehen. Der Markt gilt im Gegensatz zu China und Russland als gesättigt. Zudem dürfte es heute unmöglich sein, so klein wie Mack im Jahr 1975 anzufangen. Gewaltige Investitionen seien auf einen Schlag fällig, meint Mack. Wie schwer es sei, dieses Geld einzuspielen, zeige Disney in Paris.
Die jüngst eingeweihte neue Achterbahn am Nürburgring gilt in der Branche als Wagnis und nächstes potenzielles Milliardengrab. 250 Mio. Euro hat das Land Rheinland Pfalz in ein Kasino, Hotels und einen Shoppingboulevard investiert, um die Rennstrecke unabhängiger vom Motorsport machen. Trotz der Unterstützung findet das Land keinen Investor und Betreiber. Der Rechnungshof untersucht bereits. Mack, dessen Familienunternehmen, die Investitionen immer aus dem laufenden Betrieb finanziert hat, kann nicht verstehen, warum öffentliche Gelder in einen Freizeitpark investiert werden.
Quelle:
www.handelsblatt.com
Alcazar