Ach du... Was man nicht alles an einem Feiertag, krank im Bett liegend, findet...
Bei dem Thema kommt die Polit-Schwuppe bei mir raus (Upps... geoutet.)
THEMA CSD:
Ich bin Vorstandsmitglied in der CSD-Nord Kooperation und wir hören öfter diese Debatten. Ich möchte einmal nur die Frage beantworten, ob wir noch einen CSD brauchen:
Anfangs stand der CSD stark unter dem Eindruck des §175. Die ersten Transparente richteten sich daher oft an die eigene Community. Sprüche wie »Schwule lasst das Gaffen sein, kommt herbei und reiht euch ein« oder »Lesben, erhebt euch und die Welt erlebt euch« spiegeln wider, was für Mut es damals kostete, sich offen zu zeigen. Seitdem ist viel geschehen. Der §175 wurde abgeschafft, Lebenspartnerschaften ermöglicht und Regelungen zum Schutz vor Diskriminierung eingeführt. Ohne die wachsende Zahl an Teilnehmern und an CSD-Veranstaltungen selbst wären diese Erfolge sicher nicht erreicht worden. Im politischen Betrieb bekommt nur der etwas, der auf sich aufmerksam und sich bemerkbar macht. Man darf wohl sagen, dass wir ein Maß an rechtlicher Gleichstellung erfahren, das noch vor 30 Jahren undenkbar war. Wozu also noch einen CSD? Ist doch eigentlich alles erreicht. Sind die CSDs nicht sowieso nur eine große Open-Air-Dating-Plattform? Politik? Gleiche Rechte fordern? Sich womöglich selbst einbringen? Vor allem bei der jüngeren Generation ist Engagement nicht mehr selbstverständlich. Man wächst mit Freiheiten auf, die früher erkämpft wurden und spürt nicht mehr die Notwendigkeit, sich selbst dafür zu engagieren.
Doch ich sage:
Ja, wir brauchen den CSD!
Wir sind eine Minderheit. Eine Minderheit muss ständig um ihre Rechte kämpfen, denn Gesetze können sich ändern. Schwul ist immer noch das Schimpfwort Nummer 1 auf deutschen Schulhöfen. Wer kennt nicht den Satz »Ich habe nichts gegen die, aber...«? In diesem »Aber« steckt sie. Die kleine, feine Diskriminierung, die allen Gesetzen zum Trotz noch verwurzelt ist in der Gesellschaft. »PEGIDA«, »Besorgte Eltern« oder »Demo für Alle« führen uns dies deutlich vor Augen. Vorurteile zu entkräften klappt nur, indem ich Erfahrungen schaffe. Indem ich Menschen damit konfrontiere, was sie nicht kennen, um sich ein eigenes Urteil zu bilden. Das bedeutet, dass ich so leben sollte, wie ich bin. Mich zeigen, auf Menschen zugehen. Damit sie das Hörensagen durch ein direktes Bild vom Erleben mit ersetzen können. Um den Mut haben zu können, zu mir selbst zu stehen, hilft es, wenn ich weiß, dass ich nicht alleine bin und wenn ich einen Rahmen habe, in dem ich mich ausprobieren kann. Wo ich untergehe in einer Masse von Gleichen. Wo ich selbst erlebe, dass ich normal bin und wir viele sind. Gerade dieser Punkt macht für mich den CSD heute weiterhin so wichtig. Weil er real ist und nicht virtuell. Es ist wichtig für uns als Minderheit Präsenz zu zeigen und dass wir eine eigene Kultur haben. Dass wir über anderes lachen, als ein Hetero. Dass wir untereinander allerdings genauso unterschiedlich und bunt sind, wie Heteros auch. Denn Bier am Ballermann mag typisch sein für Hetereo-Männer, aber sicher nicht stereotyp für jeden von ihnen. Wir sollten zeigen, dass Klischees stimmen und doch falsch sind. Anzuerkennen, dass es alles gibt, aber mir sicher nicht alles gefallen muss. Damit wir für die Mehrheitsgesellschaft langweilig werden, wenn sie merken: die sind ja genauso wie wir. Vielleicht ein wenig ungewohnt in Bild und Ton, aber das sind Bayern und Ostfriesen auch, ebenso wie Frauen und Männer. Wenn wir das geschafft haben, dann haben wir unser Ziel erreicht. Und dann brauchen wir wohl auch keinen CSD mehr.
SCHWUL ALS SCHIMPFWORT:
Ich habe es hier bereits ein paar mal gelesen: "Schwul" als Schimpfwort. Auch wenn jemand damit niemanden persönlich angreifen will. Denkt einmal an den Schulhof. Hier hat "schwul" das Schimpfwort "Scheiße" schon längst überholt. Ein Jugendlicher der merkt "anders" zu sein, wird es nicht als positiv empfinden dauernd das Wort schwul als Synonym für Scheiße hören zu müssen. Das kann ihn bis in den Suizid führen... Ihr habt das Beispiel mit "Prayers for Bobby" gebracht. Hier ging es zwar darum, was passieren kann wenn die Familie einen nicht akzeptiert. Im Kern ist es aber das gleiche.
Oh... Doch ganz schön viel geworden... reicht erstmal...